Mittlerweile ist das eigentlich nicht mehr so. Durch die vielen, vielen Romane, die ich geschrieben habe, habe ich mich daran gewöhnt, die Sprache zu verwenden, die ich meinen Leserinnen gern anbieten möchte: eine einfache, aber gefühlvolle Sprache.
Natürlich muß die Erzählsprache auch der Erzählperspektive entsprechen. Es ist zum Beispiel ein Unterschied, ob ich einen Text in der ersten oder in der dritten Person verfasse.
Die 1. Person, die Ich-Perspektive, ist immer direkter. Da spricht eine Figur, die (scheinbar, nicht in Wirklichkeit, denn die Geschichte sollte die Autorin erfunden haben) ihr eigenes Leben erzählt, das kann sehr privat und sehr intim werden und vor allem sehr subjektiv.
Deshalb paßt sich die Erzählsprache dann der Erzählperspektive an. Ist die Hauptfigur Ich eher wortkarg, muß auch die Sprache, in der sie erzählt, wortkarg sein. Ist sie eine Plaudertasche, sollte auch alles andere, was erzählt wird, diesem »plauderigen« Stil folgen.
Das Problem an der Ich-Perspektive ist, daß sie nur eine sehr beschränkte Wahrnehmung anbietet, sprich, was die Hauptfigur nicht sieht, kann sie auch nicht erzählen. Oder jemand anders muß es ihr erzählen, was manchmal sehr mühsam umzusetzen ist.
Man kann ja nicht einfach eine Figur hereinstiefeln lassen, die sagt: »Du, ich erzähle dir jetzt mal, was du nicht miterlebt hast, damit du das dann deinen Leserinnen weitererzählen kannst«.
Nein, so geht es nicht. Man muß das alles sehr indirekt gestalten, unmerkbar. Und das ist nicht gerade einfach.
Wenn man also mehrere Figuren hat, die für die Geschichte wichtig sind und aus deren Perspektive Geschehnisse geschildert werden sollen, sollte man zur dritten Person als Erzählperspektive greifen, also die Sie-Perspektive.
Sie tat dies, sie sagte das – im Gegensatz zu Ich sagte dies, ich tat das.
Meist ist das einfacher, als wenn die Ich-Person dann immer alles erzählt bekommen muß.
Es kann aber auch schwieriger sein, weil ich die Figuren, aus deren Perspektive ich erzählen will, viel besser im Auge behalten muß.
Bei der Ich-Perspektive muß ich immer nur wissen, was diese eine Person gerade tut, bei der Sie-Perspektive muß ich wissen, was alle Personen gerade tun und welchen Einfluß das auf die anderen Personen hat.
Meist sagt mir ein Text, in welcher Person, aus welcher Perspektive er geschrieben werden will.
Manche Texte lassen sich einfach nur in der Ich-Perspektive überzeugend schreiben, bei anderen muß es die 3. Person sein. Manchmal muß man allerdings auch ausprobieren, was besser ist.
Ich schreibe dann eine Szene in der 1. Person oder der 3. Person und schreibe sie im zweiten Schritt in die andere Erzählperspektive um.
Dabei merke ich sehr schnell, auf welche Art der Text besser fließt, sich besser »anfühlt«.
Ja, es ist mehr ein Gefühl als eine logische Entscheidung. Das ist beim Schreiben oft so.
Wie ich schon an anderer Stelle sagte: Es ist ein ständiger Prozeß. Schreiben ist keine Aufgabe, die man nach Schema F erledigen kann.
Es gibt schon einige Regeln, die man beachten sollte (einwandfreie Rechtschreibung und Grammatik, keine langweiligen Details, Dialog, Konflikt usw.), aber die Umsetzung variiert von Text zu Text doch sehr.